Verkehrsrecht

Tempolimit auf der Autobahn

Im Ausland beneiden sie uns um unsere Autobahnen, auf denen es scheinbar keine Tempogrenzen gibt. Und doch schwebt das so gefürchtete Tempolimit auf Autobahnen bereits greifbar über den Köpfen der Autofahrer.

Der Deutsche Autofahrer genießt das Privileg, auf der Autobahn so schnell fahren zu können, wie er möchte; es sei denn, es gibt eine explizierte Geschwindigkeitsbegrenzung. Die Diskussion um ein generelles Tempolimit auf den Autobahnen in Deutschland wird in jüngerer Vergangenheit mal wieder vehement geführt.

Ungeachtet dessen gibt es bereits seit Jahren ein indirektes Tempolimit von 130 Stundenkilometern. Es wird unter dem Begriff Richtgeschwindigkeit geführt.

Zu spüren bekommt der Autofahrer diese Richtgeschwindigkeit allerdings nur dann, wenn er in einen Verkehrsunfall verwickelt ist und die Frage eines Mitverschuldens/Mithaftung im Raume steht. Dies entschied zuletzt das OLG München in seinem Urteil vom 1. Juni 2022. Bei einem Spurwechsel auf der Autobahn von der mittleren auf die linke Fahrspur war es zu einem Zusammenstoß mit einem auf der linken Fahrspur fahrenden Fahrzeug gekommen. Insoweit spricht schon der so genannte Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des den Spurwechsel vornehmenden Fahrzeuges. Dem Fahrer des auf der linken Fahrspur fahrenden Fahrzeuges konnte kein schuldhafter Verstoß gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten angelastet werden, da im Bereich der Unfallstelle keine Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit vorgelegen habe. Die Kollisionsgeschwindigkeit dieses Fahrzeuges hatte aber ca. 200 km/h betragen. Damit sei die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h deutlich überschritten gewesen. In einem solchen Fall gelinge der Nachweis der Unabwendbarkeit hingegen nur selten. Vielmehr sei bei deutlicher Überschreitung der Richtgeschwindigkeit - wie in diesem Fall - die Betriebsgefahr eines jeden Fahrzeuges zu berücksichtigen. Das OLG München kam daher zu dem Ergebnis, dass der schuldlos an dem Verkehrsunfall Beteiligte eine Haftungsquote von 25 % angelastet bekam. „Denn wer schneller als 130 km/h fährt, vergrößert in haftungsrelevanter Weise die Gefahr, dass sich ein anderer Verkehrsteilnehmer auf diese Fahrweise nicht einstellt und insbesondere die Geschwindigkeit unterschätzt.“ Daher erst recht Fuß vom Gas nehmen bei voller Autobahn. Die „130 km/h“ sitzen uns schon jetzt im Nacken.

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